in meinem Ellbogen sind weniger geworden, liebe Ingwer. Du hattest recht, es hilft mir, den einen Arm zu schonen und mit dem anderen zu arbeiten. Anfänglich verspannte der gesunde Arm durch die Mehr Belastung. Doch jetzt hat er sich an seine neue Aufgabe gewöhnt.
Heute Morgen konnte ich sogar die Kaffeekanne anheben und bis zu meinem Schreibtisch tragen. Ich habe mir einfach eine längere Schlafphase gegönnt. Sonst stehe ich immer schon sehr früh auf. Immer im Gedanken, die viele Arbeit, die ich angeblich noch erledigen muss. Danach habe ich mir Filterkaffee gemacht. Seit über einem Vierteljahr habe ich dieses Morgenritual weg gelassen, aus Zeitgründen.

Ein Umdenken hat bei mir statt gefunden. Einfach so, ohne dass mir jemand gesagt hat, wie ich besser mit Stress umgehen kann. Vor Monaten hatte ich Bücher über Burnout, Gelassenheit und Muße gelesen. Sporadisch hatte ich hin und wieder MBSR und Autogenes Training praktiziert. Nee, das jetzt machen, dann schaffe ich meine Aufgaben nicht. Oft habe ich so gedacht. Doch jetzt bleibe ich dran.
Tief einatmen und dabei nur den Blick auf die Atmung richten. Selbst in der größten Hektik mache ich diese Achtsamkeitsübung ganz bewusst. Auch wenn andere mich dabei beobachten können. Und gerade dann, wenn die Dinge nicht so laufen, wie sie sollen. Das hilft, sage ich dir. Sofort danach habe ich eine Lösung, die funktioniert. Effizienz und Effektivität können auch so erreicht werden.
Morgens, ganz schnell duschen, waschen, anziehen. Ich darf doch nicht die S Bahn verpassen. So habe ich vorher immer gedacht. Jetzt gehe ich den Morgen ruhig an. Meinen Armen schenke ich besondere Aufmerksamkeit. Beim Duschen lasse ich einen warmen Wasserstrahl über die schmerzenden und verspannten Stellen laufen. Endlich erfüllt der Duschkopf mit Massagedüsen seine Aufgabe. Obwohl ich mir mehr Zeit nehme, komme ich über pünktlich bei der Bahn an.
Auf dem Weg dorthin beobachte ich, was sich alles im Park verändert hat. Die Blumen, die Bäume und auch die Tiere. Flora und Fauna liebe ich. Dann packe ich mein Smartphone aus und halte fest, wie sich die Natur entwickelt und was um mich herum geschieht. Ich spüre, wie gut mir das tut und wie ich mit Energie geladen, zur Arbeit fahre. Früher hätte ich das nie so gemacht. Schnurstracks wäre ich zum Bahnhof durchgelaufen.
Während der Bahnfahrten mache ich Achtsamkeitsübungen und Gymnastik für meine Arme. Ja, manchmal hänge ich in meinen Gedanken fest.

Neulich wurde ich plötzlich aus meinen Gedanken gerissen. Ich habe zum ersten Mal richtig mit verfolgt, wie die Bahn sich in eine Kurve gelegt hat. Die Rundung der umgebenden Mauern konnte ich ganz genau sehen. Wenn die Bahn aus dem Bahnhofstunnel herausfährt, wird sie nur noch von hohen Wänden umgeben. Über ihr ist der freie Himmel und goldgelbes Tageslicht scheint von oben herab. Komisch, das jetzt erst bewusst zu erleben. Dabei fahre ich mit der Bahn doch seit Jahren.
Ab und zu piekst und zwickt etwas in meinem Ellbogen. Manchmal ist er sogar morgens steif und schmerzt. Das ist normal, denn das sind alles Signale meines Körpers, dass noch nicht alles ausgeheilt ist. Alles braucht seine Zeit in jeglicher Hinsicht. Unser Körper ist keine Maschine, die auf Knopfdruck funktioniert.




